Elektronengastheorie

Elektronengastheorie
Elektronengastheorie,
 
Festkörperphysik: Theorie zur Behandlung der physikalischen Eigenschaften von Metallen, die von der Annahme ausgeht, dass in einem Metall die Valenzelektronen sämtlicher das Kristallgitter aufbauenden Atome sich weitgehend von den Atomen abgelöst haben und sich (von Zusammenstößen abgesehen) frei durch das gesamte Volumen des Metalls bewegen und dabei den Elektrizitätstransport übernehmen, wenn eine elektrische Spannung angelegt wird. Sie werden deshalb als Leitungselektronen bezeichnet. Die Coulomb-Kräfte zwischen ihnen und den Atomrümpfen (Metallionen) werden in erster Näherung nur im Mittel durch ein konstantes, gegenüber dem Außenraum negatives Potenzial berücksichtigt, d. h., die Leitungselektronen bewegen sich in einem vom Metall gebildeten Potenzialtopf. Wird außerdem ihre Kopplung an die Gitterschwingungen vernachlässigt, so verhält sich die Gesamtheit der Leitungselektronen wie ein Elektronengas aus nicht wechselwirkenden Teilchen. Dieses Elektronengas bewirkt die metallisch chemische Bindung der in seine Ladungswolke eingebetteten Atome zu den typischen Metallgittern; ferner ist seine hohe Beweglichkeit und große Dichte (etwa 1022 Elektronen/cm3) für die hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit der Metalle verantwortlich. Unter Heranziehung gaskinetischer und statistisch mechanischer Methoden (Boltzmann-Gleichung, Boltzmann-Statistik) kann die Elektronengastheorie bereits auf klassischer Grundlage zahlreiche elektrische, optische, magnetische und thermische Eigenschaften der Metalle, unter Berücksichtigung der Streuung der Elektronen an den Gitterschwingungen auch das ohmsche Gesetz sowie den Zusammenhang zwischen elektrischer Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit (Wiedemann-Franz-Lorenz-Gesetz) erklären. Diese klassische Elektronengastheorie ist aber nicht in der Lage, den geringen Beitrag des Elektronengases zur spezifischen Wärme der Metalle u. a. zu erklären. Dies wird erst möglich, wenn man berücksichtigt, dass die Elektronen dem Pauli-Prinzip gehorchen und auf sie die Fermi-Dirac-Statistik anzuwenden ist. Man spricht deshalb von einem entarteten Elektronengas oder dem Fermi-Gas der Leitungselektronen. In der Fermi-Gas-Theorie der Metallelektronen werden nun die verschiedenen Erscheinungen im Allgemeinen nur von jenen Elektronen hervorgerufen, deren Energie sich nur wenig, im Mittel um die thermische Energie ε̅ =3/2 kT (k = Boltzmann-Konstante), von der Fermi-Energie εF unterscheidet. Alle anderen Elektronen sind im Grundzustand eingefroren, da sie thermisch nicht in unbesetzte Zustände angeregt werden können. (Elektronentheorie)

Universal-Lexikon. 2012.

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